Mit kleinen Kindern in die Wildnis ins südliche Afrika? Autor Fridolin Dietrich schildert seine Erfahrungen bei einer Reise durch die Provinzen Limpopo, Kwa-Zulu Natal und Orange Freestate und was man mit zwei Kindern im Alter von zwei und fünf Jahren alles erleben kann.
Kaum ist die Sonne am Horizont untergegangen, wagen sich die ersten Springböcke und Antilopen an die Wasserstelle des Lapalala Wilderness Reservates. Florian ist fünf Jahre alt und hat sich mit dem Fernglas bewaffnet um ein Jungtier beim Trinken zu beobachten. Fabian ist mit seinen zwei Jahren noch unschlüssig, was er von den vielen Tieren halten soll, die plötzlich so nah und ohne den gewohnten Zaun aus dem Zoo zu beobachten sind. Er greift nach einem kleinen Stock, gräbt damit verlegen im Boden, bevor er auf die Tiere zeigt und „hopp, hopp“ ruft. Neben uns glüht das Holz nach von unserem ersten Grillen in freier Natur. Die Nacht breitet sich schnell aus im afrikanischen Busch, unzählige Sterne funkeln am schwarzen Nachthimmel und eine warme Stille hüllt uns ein.
Nach zwölf Stunden Flug waren wir am Morgen in Südafrika angekommen. Rund 10.000 Kilometer südlich und eben 30 Grad wärmer als bei uns liegt Lapalala Wilderness inmitten der Waterberge, drei Stunden Autofahrt nördlich vom Flughafen Johannesburg International. Umgeben von endlosem Buschwerk und traumhaften Ausblicken auf die Berge ist die Wildnis hier noch ein unberührter Fleck mit vielen Hügeln und Flüssen, ruhigen Seen und großartigen Canyons.
Lapalala ist eines der größeren privaten Wildreservate Südafrikas. (Leider mittlerweile geschlossen. Aktualisiert 2016) Es bietet ein einzigartiges Ökosystem um gefährdete Arten wie die rote Antilope und das schwarzen Nashorns zu schützen. Clive Walker, weltbekannter Aktivist zur Erhaltung der seltenen Nashornart, hat unweit des Reservats ein Museum für Nashörner und eine Schule für Kinder gegründet. Wir besuchen Clive, seine Frau Theresa und das Nashorn Sally. Sally ist ein schwarzes Spitzmaulnashorn und lebt in einem Gehege unweit des Museums am Rande des Reservates. Es hat ganz früh seine Nashornmutter verloren und wird von Teresa aufgezogen. So ist es möglich, dass Sally sogar von Kindern gestreichelt und gefüttert werden kann. Dem kleinen Nashorn gefällt es als unsere zwei Jungs sie mit frischem grünen Zweigen füttern und es dankt es mit Lauten die eher an einen Delphin erinnern, als an ein Vertreter der gefährlichen Big Five.
Es ist bereits der zweite Urlaub mit Kindern in Südafrika. Für viele erscheint Afrika als Reiseziel mit kleinen Kindern als gefährlich, wir hatten bisher nur gute Erfahrungen gemacht und deshalb diesmal eine weniger bekannte Gegend als Reiseziel gewählt. Das nördliche Südafrika um die Provinz Limpopo, ehemals Northern Tansvaal ist im Westen durch Botswana, im Norden durch Simbabwe und im Osten durch Mozambique begrenzt. Zwischen dem 30. und 31. Längengrad befindet sich unsere „Demarkationslinie“, die den malariagefährdeten Bereich von der malariafreien Region trennt. Wir wollen uns der Kinder wegen nur westlich dieser Linie im malariafreien Bereich bewegen.
Reisen ist auch in diesem Teil Südafrikas kein Problem. Die Straßen sind weitgehend in guten Zustand, eher selten muss man mit einer Schotterstrasse vorlieb nehmen und auch das Benzin ist über ein dichtes Tankstellennetz gut verfügbar. Wenn man die Reiserouten vorab plant, kann man lange Wegstrecken vermeiden und die Sehenswürdigkeiten erkunden. Im Marakele National Park die größte Kolonie von Kapgeiern der Welt bestaunen, in der Nähe von Mokopane (früher Potgietersrus) einen Rastplatz von David Livingstone besuchen, der hier vor 150 Jahren unter einer imposanten Baumgruppe Rast machte oder im Nylsvlei Nature Reserve über 400 Vogelarten bei der Brut beobachten. Thabazimbi, Vaalwater, Bela-Bela sind alles Orte an denen sich gut für die Reise einkaufen lässt um sich in den zahlreichen Selbstversorgerunterkünften zu verpflegen. Erstaunlicherweise finden wir wenig in deutschen Reiseführern über diese schöne und ursprüngliche Gegend, aber schnell kommt man mit den Einheimischern ins Gespräch und bekommt zahlreiche Tipps und Hilfestellungen.
Am Spätnachmittag geht es auf unsere erste Jeep-Safari mit Pete, unserem Ranger. Er holt uns mit seinem Jeep gegen fünf ab und zeigt uns die Weidegründe von Antilopen und Giraffen. Spannend wird es als wir später zum Fluss Palala fahren um Nilpferde zu beobachten. Nach einer halben Stunde Fußmarsch durch das Dickicht entdecken wir sie in einer Flussbiegung. Vielmehr hören wir sie als erstes wie sie laut schnaubend auftauchen um Luft zu holen. Still sein ist hier oberstes Gebot, denn die unscheinbaren Flusspferde sind die gefährlichsten Vertreter der Big Five. Aber die Spannung und die Stimmung im Busch nötigen auch den Kleinsten Respekt ab und so beobachten Florian und Fabian mit großen Augen die Hippos bei ihrem abendlichen Bad. Den besten Ausblick geniesst sowieso Fabian aus seiner Kraxe auf meinem Rücken.
Unser nächstes Ziel führt uns in den Westen von Limpopo, an die Grenze zu Botswana. Das Madikwe Wildreservat gehört zu den jüngeren Park Gründungen in Südafrika. Das Reservat wurde 1991 eröffnet und umfasst 60.000 Hektar Buschland nördlich der kleinen Stadt Groot-Marico. Das Gelände besteht aus weiten Grass- und Buschebenen, unterbrochen von einzelnen Inselbergen. Mit der „Operation Phoenix“ begann man 1993, mehr als 8000 Tiere im Park anzusiedeln. 1996 wurden auch Raubtiere in Madikwe eingeführt, zunächst Geparde, Wildhunde und Hyänen, Leoparden später auch Löwen aus dem Etosha National Park (Namibia) sowie dem benachbarten Pilanesberg Nationalpark. 180 Elefanten kamen aus dem von einer katastrophalen Dürre betroffenen Gonarezhou Game Reserve in Zimbabwe. Die Umsiedlung der Dickhäuter verlief sehr erfolgreich, und die Elefanten Population in Madikwe ist auf stattliche 250 Tiere angewachsen. Also Tiere satt für uns.
Nach drei Stunden Autofahrt werden wir von Daniel und Steven am Eingang der Tau Game Lodge empfangen. Die Tau Game Lodge liegt im Madikwe Reservat zwischen zwei zerklüfteten Hügeln eingebettet. Sie sehen aus wie Berge aus großen Kieselsteinen, die von Riesen ausgeschüttet wurden. Ihre Entstehung weist viele Millionen Jahre zurück und Funde aus der Steinzeit zeugen ebenfalls von einer langen Geschichte der Gegend. Aber das alles interessiert Florian und Fabian wenig. Sie erkunden bereits das Gelände. Laut juchzt Florian, als er ein Nilpferd in dem großen Wasserloch entdeckt und Fabian als er auf der Veranda des Haupthauses den Kaffeetisch mit den Schokokeksen plündert. Alle Chalets sind im afrikanischen Stil eingerichtet mit eigenem Badezimmer und einer traumhaften Dusche unter freien Himmel und eigener Löwenseife. Ein Holzdeck als Terrasse dient uns als Beobachtungsposten der Tiere die abends an das Wasser kommen um ihren Durst zu stillen. So werden wir am Weihnachtsabend Zeuge, wie ein Elefant durch den See watet und sich direkt vor unserem Chalet über Schilf und Wasserpflanzen hermacht. Florian und Fabian drücken sich die Nase am Fenster platt und können die Nähe des Dickhäuters kaum fassen. Als er sich voll gefressen hat, zieht er weiter und alle sind froh, dass er uns die Terrasse heil gelassen hat. Für Kinder werden spezielle Aktivitäten organisiert. Neben der Tiersafari, die extra für die Kinder gestaltet wird, lernen sie Spuren lesen, Tiere malen, auf Schatzsuche gehen, Lebensräume von Tieren erkennen und basteln oder backen. Für uns wird am nächsten Tag eine spezielle Safari organisiert. Wir fahren mit dem offenen Jeep durch Busch und Savanne auf der Suche nach dem König der wilden Tiere, dem Löwen. Glücklicherweise war einer bereits am Morgen auf gesichtet worden. Mühsam gräbt sich unser Jeep über Stock und Stein bis wir den Löwen unter einer Gruppe von Büschen entdecken. Wir erwischen „Simba“ beim Mittagsschlaf und Florian kann den „König der Löwen“ aus nächster Nähe beobachten. Nur Fabian verschläft diesen Höhepunkt. Über seinen Mittagsschlaf lässt er nichts kommen.
Unsere nächste Station liegt 600 Kilometer südlich inmitten der Drakensberge, der größten Bergkette Südafrikas. 450 Kilometer lang zieht sich die Basaltformation durch Südafrika mit spektakulären Fels- und Gebirgsformationen. Spätestens als ich Florian und Fabian erzähle, dass sich der Name „Drakensberge“ aus früheren Legenden ableitet, demnach Drachen die Bergwelt beherrscht haben sollen, ist das Reiseziel trotz der längeren Fahrt genehmigt. Wir haben diesmal ein einsam gelegenes Haus ausgesucht. Nachdem wir eine windige Holzbrücke mit unserem Jeep überquert haben, erwartet uns „Good Boy“, der gutmütige Haushund und führt uns hinauf zur abgelegenen Cottage. Sie liegt malerisch auf einer Anhöhe unweit des Garden Castle National Parks. Hier liegt einem der Garten Edens sprichwörtlich zu Füssen. Unter uns schlängelt sich ein Bergbach durch das grüne Tal, während vor unserem Schlafzimmerfenster sich ein Felsmassiv wie ein Amphitheater erhebt. Wer mit den Kindern gut zu Fuß ist, kann hier zahlreiche Wanderungen über Berge und Täler machen. Im angrenzenden Park sorgen Spielplätze und selbst ein Golfparcour für die nötige Abwechslung für Jung und Alt. Mit etwas Glück sieht man morgens oder in der Abenddämmerung Bergriedböcke, Streifeniltisse und Antilopen. Felsenadler, Sekretäre und Felsenbussarde sind Teil der vielen Vogelarten, die sich in den Höhlen und Spalten der südlichen Drakensberge eingenistet haben. Drachen haben wir keine gesehen, aber das Reiten auf den Ponys hat unsere Kinder genauso viel Aufregung beschert.
Ein besonderer Tipp in punkto Abenteuer mit Kindern ist ein Aufenthalt im Camp von Zingela, hundert Kilometer westlich der Drakensberge. Mark, Eigentümer der Zingela Safari und River Company, war früher Wildjäger in den südlichen Staaten Afrikas. Als er und seine Frau Linda in den 80 er Jahren eine Familie gründeten, haben sie zum Niederlassen eine Gegend gesucht, die der Abgeschiedenheit und Wildnis seiner Jagdzeiten nahe kommen sollte. Sie haben sie am Ufer des Tugela Flusses gefunden, ca. anderthalb Stunden wildester 4×4 Fahrt entfernt des nächstens Ortes namens Weenen. Das Camp besteht aus Zelten in der Wildnis, mit Blick auf den Fluss und Toiletten unter freien Nachthimmel. Wir beziehen mit gemischten Gefühlen ein solches Zelt. Wie sieht’s hier wohl mit Spinnen, Schlangen allerlei Ungeziefer aus? Doch erstmal genießen wir den ersten Abend am Lagerfeuer bei gegrillter Antilope, Reis und Süßkartoffelgemüse. Später schlafen die Kinder unter einem riesigen Moskitonetz auf zwei Feldbetten, denn die Falter und Spinnen, die sich tatsächlich abends an den wenigen Lichtern versammeln, haben mindestens die Größe von Walnüssen. Linda zerstreut die Sorgen meiner Frau vor Giftschlangen, nur eine Kröte nistet sich zur Freude der Kinder in meinem Schuh ein. Bei einem kühlen Bier bekommen wir von den anderen Gästen die Höhepunkte des Tages erzählt.
Wildwasserfahrten über die Stromschnellen des Tugela Rivers, der in den Sommermonaten (November bis März) seinen höchsten Wasserstand erreicht. Oder Abseilen über die 50 Meter hohen Felsklippen.
In der Nacht haben Regenfälle unsere Rückfahrt vom Camp nach Weenen zur Rutschpartie gemacht. Der Regen weicht den Boden der Buschpiste auf und so kriechen wir bei Tempo 20 zwei Stunden zurück. Diese Regenfälle haben wir nicht gebucht. Aber die Abenteuerlust hat Florian und Fabian gepackt. „Löben sehen“ ruft der zwei jährige von hinten und so machen wir uns zu unserer letzten Station auf. Die Camorhi Game Lodge in der Nähe von Bethlehem ist vor allem durch die Aufzucht von weißen Löwen bekannt. Nicht nur Siegfried und Roy sind hier Kunden. Camorhi steht eigentlich für Camel und Rhino, aber die beiden hatten sich nicht dauerhaft verstanden und so blieben die Nashörner übrig und bekamen durch weiße Löwen, Giraffen, Elanantilopen, Streifengnus, Klippspringer, Oryx, Schwarzfersenantilopen, Wasserböcke, Springböcke und Leoparden neue Freunde. Als wir die Lodge betreten, kommt uns auf den ersten Metern ein zwei Monate altes weißes Löwenbaby entgegen, tollpatschig wie eine junge Katze. Nur das Knurren lässt bereits erahnen, dass dieses Kätzchen im ausgewachsenen Zustand nicht mehr ganz so harmlos sein wird. Florian und Fabian sind fasziniert. In sicherem Abstand, hinter unseren Beinen versteckt, nehmen sie die „Miezekatze“ in Augenschein. Draußen werden in der Zwischenzeit die sechsmonatigen und einjährigen Löwen gefüttert. Auch ein Tiger ist dabei und so balgen sich vier Löwenjungtiere um ihre erste Fleischration. Am Abend können wir von der Terrasse unseres Cottage zum letzten Mal mit dem Fernglas die Tiere in der Dämmerung beobachten. Zwei junge Springböcke üben sich im Schaukampf. Florian und Fabian sitzen jedoch bei dem weißen Löwenbaby und kraulen es unter dem Kinn. Zum Abschluss unserer Reise haben sie einen neuen Freund gefunden. Auch die Zäune unserer Zoos werden nicht mehr vermisst.
Anreise: Wer mit den Kindern entspannt am Ziel in Johannesburg ankommen möchte, dem empfehlen wir einen Flug über Nacht zu wählen. Zum Beispiel mit Iberia über Madrid, oder Lufthansa direkt ab ca. 800 Euro pro Person. Kinder und Kleinkinder zahlen weniger. (ca. 30% Rabatt). Unterwegs waren wir mit einem Nissan 2.0 XTrail. Der hatte genug Stauraum für die vier Wochen und aufgrund der erhöhten Sitzweise auch einen guten Ausblick für uns und die Kinder. Zu mieten bei Avis unter www.avis.co.za ab ca. 400 Euro pro Woche.
Unterkunft: Familiengerecht ist die große Auswahl an Ferienhäusern, Busch-Camps und Selbstversorger-Apartments entlang unserer Route. Weil viele Regionen auch bei südafrikanischen Urlaubern sehr beliebt sind, sollten Sie vor allem während der Ferienzeiten (Sommerferien Dezember- Januar, Winterferien im Juli) drei bis sechs Monate im Voraus reservieren. Eine Übersicht bietet www.golimpopo.com und www.suedafrika.net. Unterkünfte auch unter www.portfoliocollection.com mit aller Art von Unterkünften oder www.safarinow.com
Allgemeine Auskunft: South African Tourism Friedensstr. 6, 60311 Frankfurt/M. Service-Tel. 01805-72 22 55 (0,12 Euro/Min), Fax 069-28 09 50 www.southafrica.net
Unsere Adressen unterwegs:
Waterberge: Lapalala Wilderness, leider mittlerweile geschlossen.
Madikwe Wildreservat: Tau Game Lodge, Telefon 0027 11 3144350, oder Email taugame@mweb.co.za, weiter Informationen unter www.taugamelodge.co.za
Südliche Drakensberge: Informationen unter http://www.suedafrika.net/natal/gsouthdrak.htm, unser wunderschönes Selbstversorgerhaus hieß Orchid Valley
KwaZuluNatal: Zingela Safaries, Telefon 0027 36 3547005 office, oder email zingela@futurenet.co.za, weiter Informationen unter www.zingelasafaries.co.za