Eine Ausstellung in Hamburg gibt Einblicke in die Kreativszene Afrika’s
Wir waren letztes Wochenende in Hamburg von Freunden eingeladen und sind eher zufällig auf eine interessante Ausstellung gestoßen, die noch bis Mitte August im Hamburger Völkerkunde Museum läuft.
Einblicke und Lebensumstände
„Flow of Forms / Forms of Flow“ gibt Einblicke in eine pulsierende Kreativszene auf dem afrikanischen Kontinent. Eine beeindruckende Auswahl an Beispielen gegenwärtigen Designs zeigt die Entwicklung visueller Identität ohne den Einfluss der ehemaligen europäischen Kolonialherren zu leugnen. Dabei erkundet die Ausstellung ebenso, wie gegenwärtige Lebensumstände kreative Lösungen hervorbringen, die das Leben unter schwierigen Bedingungen zu erleichtern sucht.
Ein Beispiel für eine gelingende Weiterentwicklung europäisch-afrikanischer Beziehungen dient die nigerianische Lace-Kleidung. Sie entstand aus – nach der Unabhängigkeit in den 1960er-Jahren aufgenommenen – Geschäftsbeziehungen mit Österreich, wo spezielle Stickereistoffe für den nigerianischen Markt entworfen wurden, die dort bis heute bei Festen getragen werden.
„Flow of Forms“ zeigt ein vielschichtiges Afrikabild, Prozesse der Formfindungen werden als Resultate eines wechselseitigen Austausches zwischen Afrika und Europa, aber auch zwischen alltäglichen und älteren gestalterischen Grundlagen eingeordnet.
Masken sind natürlich auch dabei
Der Rückgriff auf lokale handwerkliche Fertigkeiten wie Töpfern, Flechten, Weben ist ein zentraler Leitfaden bei allen Objekten. Natürlich dürfen die Masken nicht fehlen. Das ist handfest, stiftet Identität und beliebtes Mitbringsel aller Touristen.
Die Querbezüge sind dennoch überraschend, wenn des südafrikanische Modelabel „Black Coffee“ die Pastellfarben aus Picassos Gemälde „Les Demoiselles d’Avignon“ aufnimmt – ein gutmütiger Kommentar zu einem der vielen europäischen Künstler, die sich von Afrikas Masken inspirieren ließen.
Bauhaus lässt grüssen
Die mit Abstand coolste Verbindung von Sprache, Zeichensystem und Materie schafft der „Kassena Isibheque Writing Desk“. Gestaltet hat ihn das südafrikanische Designerduo „Doktor and Misses“. Herausgekommen ist ein Bauhaus-artiger, sich nach unten verbreitender Schreibtisch-Schrank. Form und Schwarzweiß-Muster ähneln den Häusern der zwischen Burkina Faso und Ghana lebenden Kassena. (siehe Bildergalerie oben)
Wir fühlten uns oft an Exponate im MOCAA Museum erinnert, das große und einzige zeitgenössische Kunstmuseum in Kapstadt, dass vergangenes Jahr seine Pforten bzw. besser gesagt seine Silos geöffnet hat. Die Exponate sind weniger politisch in Hamburg, mehr Produktdesign-orientiert, aber einen Besuch wert.
flow of forms – Designgeschichten zwischen Afrika und Europa, noch bis 19.08.2018 im Museum für Völkerkunde Hamburg, Rothenbaumchaussee 64, Öffnungszeiten Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr